Ich wurde darauf hingewiesen, dass es im Gemeindearchiv Stuhr zukünftig kein Fachpersonal mehr geben wird. Nach mehr als 35 Jahren geht die hauptamtliche Leitung in Rente.
Über einen Presseartikel erfuhr ich, dass ehrenamtliche Mitarbeiter mit Interesse an Geschichte und Archivarbeit sowie Freude am Umgang mit historischen Dokumenten gesucht werden.
Spezielle Vorkenntnisse werden nicht vorausgesetzt. Einführung und Fortbildungen werden auf Wunsch angeboten. Die Vergütung erfolgt in Form einer Aufwandsentschädigung.
Ich bitte um eine Rückmeldung, weshalb keine Ausschreibung für archivarisches Fachpersonal erfolgt und erfrage den aktuellen Stand.
Dieses ist weiterhin auf dem Arbeitsmarkt zu finden.
„Hauptamtliche scheidet aus – Gemeinde Stuhr sucht Ehrenamtliche für Archivarbeit“ vom 06.01.2025
https://www.weser-kurier.de/landkreis-diepholz/stuhr-ehrenamtliche-fuer-das-gemeindearchiv-gesucht (Abgerufen am: 01.03.2025)
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[19.03.2025] Auf meine Anfrage hin erhielt ich vom Gemeindearchiv Stuhr die Rückmeldung per E-Mail, dass die Entscheidung nach sorgfältiger Abwägung getroffen wurde.
Es sei üblich, dass sich Gemeinden Ehrenamtlicher für die Betreuung bedienen.
Eine weitere Argumentation bezüglich der Besetzung durch Ehrenamtliche wurde angeführt, welcher ich jedoch nicht in Gänze folgen kann. Sie lautet wie folgt:
„[…] Der Vorteil dabei ist z.B., dass diese Ehrenamtlichen oft eine weitaus höhere Qualifikation haben, als sie Verwaltungsmitarbeiter beruflich erwerben können, denn wohl kaum eine normale Gemeinde in der Größenordnung Stuhrs wird sich die Beschäftigung entsprechender Akademiker mit für diesen Zweck qual. Studienabschlüssen leisten können, wie sie sich aber sehr wohl als Ehrenamtliche gewinnen lassen. […]“
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[19.03.2025] Von anderer Seite erhielt ich die Rückmeldung per E-Mail, dass die Neubesetzung des Stuhrer Archivs mit ehrenamtlichen Kräften auch bei der Arbeitsgemeinschaft der Kommunalarchive des Landkreises Diepholz auf großes Unverständnis gestoßen sei.
Diese hat die Fraktion im Stuhrer Gemeinderat angeschrieben und um eine Stellungnahme gebeten. Offenbar erfuhr auch die Arbeitsgemeinschaft erst durch die Presse von dieser Verwaltungsentscheidung. Einige Fraktionen stellten daraufhin eigene Anfragen an die Gemeindeverwaltung. Die Antworten sind nicht bekannt.
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Neben dem Kreisarchiv gibt es im Landkreis Diepholz nur noch vier weitere Archive, die stundenweise mit hauptamtlichen Mitarbeitern besetzt sind. Zwei Gemeinden in dem Landkreis haben noch kein eigenes Archiv.
In Niedersachsen gibt es zudem Landkreise, die ganz ohne Kommunalarchiv auskommen.
Das niedersächsische Archivgesetz ist schwammig formuliert und ausschließlich auf das Landesarchiv ausgerichtet. Dadurch sehen viele Kommunen keine Notwendigkeit, eigene Archive zu betreiben.
(§ 7 NArchG, Absatz 3: „…Im Übrigen regeln die in Absatz 1 Satz 1 genannten Einrichtungen [kommunale Körperschaften] die Angelegenheiten ihrer Archive in eigener Zuständigkeit.“)
In den nördlichen Bundesländern werden Archive, sofern überhaupt vorhanden, häufig ehrenamtlich betrieben.
Eine Novellierung des niedersächsischen Archivgesetzes wird erhofft.
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[…]
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